Eigentümer ringen um Zukunft der HSH und ihre Haushalte
Die Schlagzahl der Berichte über die Zukunft der HSH Nordbank hat sich in den vergangenen Wochen erhöht. Der Grund: Die EU-Kommission wird in den nächsten Wochen/Monaten entscheiden, ob sie die Aufstockung der Garantie der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein für die HSH von 7 Milliarden Euro auf die ursprünglichen 10 Milliarden für vereinbar mit dem EU-Wettbewerbsrecht hält. (Die HSH hatte 2009 von den Ländern eine Verlustgarantie von 10 Mrd. erhalten und diese 2011 teilweise gekündigt. 2013 forderte die HSH eine Aufstockung.)
The never ending story: HSH Nordbank
Hamburg und Schleswig-Holstein als Haupteigentümerinnen scheint der Ausgang dieses erneuten Beihilfeverfahrens nervös zu machen. In den Länderparlamenten steht die HSH wieder auf der Tagesordnung, die Diskussionen werden hitzig geführt. Einigen Politikern wird wohl jetzt erst wirklich bewusst, dass die Risiken aus der HSH-Beteiligung tatsächlich in Milliardenhöhe auf die beiden Länderhaushalte durchschlagen könnten. Und zwar in einem zweistelligen Milliardenbetrag. Geld, das die Länder nicht haben.
Heute reisten Hamburgs Finananzsenator Tschentscher und Schleswig-Holsteins Finanzministerin Heinold gemeinsam nach Brüssel, um mit der EU-Kommission erneut die Zukunft der HSH zu verhandeln. Wie die Kommission entscheiden wird, ist offen.
Wenn EU “Nein” zur Garantieaufstockung sagt
Was, wenn die Garantieaufstockung abgelehnt wird? Müsste die HSH dann auf Kosten der Länder abgewickelt werden? Oder müssten die Anteilseigner neues Kapital nachschießen, weil sie dann nachträglich den EZB-Bankenstresstest nicht bestanden hätte? Nur zwei Gedanken in diesem Zusammenhang.
In ihrer vorläufigen Würdigung des erneuten Beihilfeverfahrens schrieb die Kommission im Oktober 2013 jedenfalls:
„…dass die Aufstockung der Garantie zu zusätzlichen Garantiegebühren führen wird, die die künftige Rentabilität der HSH deutlich beeinträchtigen.[…] Es ist zu prüfen, ob die Höhe der Vergütung mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der HSH vereinbar ist, besonders im Fall eines Andauerns der Krise; daher hat die Kommission Zweifel daran, ob der Geschäftsplan dem Kriterium der hinreichenden Vorsicht gerecht wird.“
Verzichten Länder auf Garantiegebühren?
Um die Rentabilität der HSH zu steigern, wurde von Finanzministerin Heinold in Kiel ein Gedankenspiel in den öffentlichen Raum geworfen (NDR-Bericht: Millionen-Gebühr: Heinold will HSH entlasten) Weniger Garantievergütung gleich künftig rentabel? Spielt diese Rechnung nicht erneut nur auf Zeit statt den Realitäten ins Auge zu sehen? Außerdem: Wie sammeln die Ländern dann die Milliarden an, die sie absehbar für die Verluste der HSH zahlen müssen, wenn nicht über die Gebühren für die Garantie?
Auch die Zweifel der Kommission bleiben, „ob der Geschäftsplan dem Kriterium der hinreichenden Vorsicht gerecht wird.“
Aus Hamburg hieß es zudem im Manager-Magazin, der Erste Bürgermeister, Olaf Scholz, wolle die HSH runderneuern, um einer möglicherweise drohenden Abwicklung der HSH durch die EU-Kommission zu entgehen. Der SPD-Politiker soll planen, eine externe Bad Bank von der HSH abzutrennen und an sie die notleidenden Schiffskredite zu verkaufen. Wer allerdings das dafür benötigte Eigenkapital bereitstellt, stand nicht im Bericht.
Die Welt legte nach und zitierte den FDP-Politiker Michael Kruse, der vom Senat wissen will, was er mit der HSH Nordbank plane. Die bisherigen Aussagen dazu seien doch sehr dürftig, kritisierte Kruse.
Bürgermeister Scholz bringt sich ein
Gegenüber der Öffentlichkeit halten sich die Hamburger Finanzbehörde und die Senatskanzlei mit Auskünften über solche Planspiele für die Zukunft der HSH Nordbank zurück. Auf eine diesbezügliche Anfrage der deutschenbadbanks.de über eine externe „Bad Bank“ und wer diese finanzieren würde antworteten die Behörden, dass es sich bei dem Manager-Magazin-Artikel über die Aufspaltung der HSH um ein „spekulatives Presseerzeugnis“ handele, dass sie nicht kommentieren.
Der Sprecher der Finanzbehörde teilte mit:
„Die HSH Nordbank und ihre weitere Entwicklung haben für den Ersten Bürgermeister höchste Priorität. […] Er lässt sich zudem vom Finanzsenator regelmäßig ausführlich über den Fortgang des Beihilfeverfahrens und des Restrukturierungsprozesses der HSH informieren. Zudem bringt er sich in die Diskussion zwischen Finanzbehörde, der Landesregierung in Kiel und den Beratern der Länder – Bain & Company für die bankfachlichen Fragen und Linklaters LLP für die beihilferechtlichen Fragen – ein, soweit es erforderlich ist.“
Es wird wohl nicht beim 2,1 Mrd. Verlust bleiben
Offiziell gehen die Länder bislang davon aus, dass sie zwischen den Jahren 2019 und 2025 mehr als 2 Milliarden Euro an Verlusten von der HSH übernehmen werden. So die Prognosen aus dem Hause HSH Nordbank. Angesichts der andauernden Schifffahrtskrise, des äußerst zweifelhaften Geschäftsmodells der HSH, der weltweiten Unsicherheiten ist es aber sehr wahrscheinlich, dass es nicht bei diesen 2 Milliarden Euro bleiben wird – ganz gleich, wie die EU entscheiden wird.
Denn die HSH hat mit ihren Prognosen für die Inanspruchnahme der Garantie und die Entwicklungsszenarien zu oft daneben gelegen, sie waren zu oft schön gerechnet und geredet (vgl. auch Wortprotokoll der Hamburgischen Bürgerschaft zur Wiederaufstockung der Garantie, Haushaltsausschuss Nr. 20/45).
Nonnenmachers Dividendenfähigkeit der HSH 2012 – von wegen
Ein kleines Beispiel: Als Dirk Jens Nonnenmacher im März 2010 als Vorstandschef der HSH z.B. vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten gute Stimmung verbreiten wollte, prognostizierte er als „Eckpunkt einer Neuausrichtung“, dass die Landesbank 2011 wieder „schwarze Zahlen“ schreiben und „2012 wieder dividendenfähig sein“ werde. Auch meinte er, bis 2012 habe sich der Schiffsmarkt erholt. Die HSH hat 2011 aber keine schwarzen Zahlen, sondern rote – also Verluste – geschrieben. Für 2012 fuhr sie ebenfalls einen Verlust ein. Von Dividendenfähigkeit war und ist die HSH weit entfernt. Der Schiffsmarkt hat sich immer noch nicht erholt, 2015. Soviel zu Nonnenmachers Fähigkeit, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen.
Rechnerisch täglich 30.000 Euro für Beratung
Welche Verluste die Länder für sich errechnen, darüber schweigen sie. Natürlich sind diese nicht so ohne Weiteres abzuschätzen. Aber Größenordnungen sind schon drin. Dass sie sich darüber eine Meinung bilden, liegt angesichts der beratenden Kanzleien Bain & Company und Linklaters LLP aber auf der Hand.
Die Länder holten sich 2014 in einer Größenordnung von mehr als 6,6 Millionen Euro Rat bei den Kanzleien ein. Das bestätigte die Hamburger Finanzbehörde. Bei Berücksichtigung eines Urlaubsmonats und überschlagen mit 20 Arbeitstagen pro Monat geben die Länder wochentäglich für die Beratung in Sachen HSH mehr als 30.000 Euro aus. Bei solch absurd anmutenden Sätzen würde man erwarten, dass die Länder wissen, welche Verluste auf sie zukommen und mit welchen Szenarien sie sich womöglich noch begrenzen ließen.
40 Milliarden Risiko?
Fakt ist jedenfalls eines: Die nach ihrem Risikogehalt bewerteten Vermögenswerte, die die HSH Nordbank mit Eigenkapital unterlegen muss, um mögliche Verluste abzufedern, betragen Ende 2014 fast 40 Milliarden Euro. Dieser Posten wird im Bankerjargon „Risikogewichtete Aktiva“ bzw. „Risk Weighted Assets“ genannt. Diese Zahl lässt sich durchaus als Maximalbetrag interpretieren, den die Anteilseigner im schlimmsten Fall stemmen müssten.
Es wäre höchste Zeit, dass die HSH zur Chefsache in den Landesregierungen wird. Kommende Milliardenverluste ihrer Bank könnten die Länder nur über Kredite finanzieren – so wie sie bisher alle Kapitalspritzen kreditfinanziert haben, bis heute. Beide Länder aber sind verpflichtet, die Schuldenbremse einzuhalten. Monika Heinold hat das erst in der vergangenen Woche gegenüber shz.de gesagt. Sie wolle die Schuldenbremse „nicht aufweichen“ und 2020 einen ausgeglichenen, verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen.
Wie das mit den eintretenden Milliardenverlusten und einem möglichen Verzicht auf die Garantiegebühren gehen soll, ließ Heinold offen.
Eine vertrackte Situation.
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