Kölner Landgericht: “Einstweilige Verfügung” gegen mich war nicht notwendig.

Der 28. Mai war ein guter Tag für Blogger – und für den Rechtsstaat. 

Denn an diesem Mittwoch – an dem die Staatsanwaltschaft im HSH-Untreueprozess ihr Plädoyer hielt – teilte mir das Kölner Landgericht mit: Die Einstweilige Verfügung vom März gegen einen Blogeintrag von mir war nicht notwendig, weil ich dazu “keine Veranlassung” gegeben habe. (Urteil anonymisiert)

Damit wies die 28. Zivilkammer des Landgerichts den Strafverteidiger Prof. Norbert Gatzweiler und seinen Medienanwalt Prof. Ralf Höcker in die Rechtsschranken. Gatzweiler vertritt im HSH-Prozess Ex-Immobilienvorstand Peter Rieck. 

Die Kosten der Verfügung haben die Kölner Richter mit ihrem Urteil Prof. Norbert Gatzweiler aufgetragen. Macht wohl eine Rechnung von mehreren Tausend Euro für Anwaltshonorare und Gerichtsgebühren. 

Gewöhnlich müssen die Abgemahnten die gesamte Zeche zahlen. Das zwingt gerade Blogger finanziell leicht in die Knie. Ein Schelm, wer jetzt denkt, Anwälte könnten genau aus diesem Grund Verfügungen bei Gericht beantragen. Ich wehrte mich jedenfalls mit einem so genannten Kostenwiderspruch. Zu Recht.

Prof. Norbert Gatzweiler hatte Anfang März eine Einstweilige Verfügung gegen einen meiner Blogeinträge beantragt. Er hat sich dazu an den Kölner Medienanwalt Prof. Ralf Höcker gewandt. Gatzweiler war wohl der Ansicht, nur der Staatsakt “Einstweilige Verfügung” verhelfe ihm zu seinem Recht. Die zuvor im Februar erfolgte Abmahnung, meine Textänderungen und meine gezeigte Einigungsbereitschaft haben ihm nicht gereicht. (die Geschichte lesen Sie hier)

Medienanwalt Höcker ging sogar soweit zu behaupten, ich hätte die Abgabe einer Unterlassungserklärung entschieden abgelehnt – telefonisch und per eMail – und auch ein Vergleichsangebot hätte ich auf jeden Fall abgelehnt.

Die zwei Richter und die Richterin der 28. Zivilkammer in Köln sahen die Sache jedenfalls anders.

In ihrem Urteil “Im Namen des Volkes” schreiben sie zusammengefasst: Die Antragsgegnerin, also ich, hat die Einstweilige Verfügung in der Sache sofort anerkannt und ihr Verhalten hat keinen Anlass zu der Annahme geboten, der Antragsteller, Norbert Gatzweiler, werde ohne gerichtliche Geltendmachung nicht zu seinem Recht kommen. 

Die Kammer begründet ihr Urteil damit, dass ich eine Einigung zu „keinem Zeitpunkt“ abgelehnt und mich stattdessen vergleichsbereit gezeigt habe. Sie erkennt folglich meine Eidesstattliche Versicherung über das Telefonat mit Ralf Höcker am 25. Februar an – in dem es u.a. um einen außergerichtlichen Vergleich ging – und bewertet meine eMails entsprechend.

Außerdem durfte ich darauf vertrauen, dass sich der Medienanwalt noch einmal bei mir meldet. Denn in dem Telefonat hatte mir Ralf Höcker „eine Lösung ohne strafbewehrte Unterlassungserklärung in Aussicht gestellt, zu der sich weder er noch die Antragsgegnerin (also ich) abschließend geäußert hatten“, so das Landgericht.

 

Das Strafverteidigerehepaar Gaby Münchhalffen und Prof. Norbert Gatzweiler
Das Strafverteidigerehepaar Gaby Münchhalffen und Prof. Norbert Gatzweiler

Bis heute hat Strafverteidiger Norbert Gatzweiler mit mir kein Wort geredet, obwohl wir uns fast wöchentlich im Gerichtssaal sehen. 

Gatzweilers Kanzleikollegin, Strafverteidigerin von Bernhard Visker im HSH-Prozess und Ehefrau Gaby Münchhalffen hatte mich – wie berichtet – ebenfalls am 24. Februar für einen Blogeintrag abgemahnt, mit ihrem Mann. Damit stand ein Streitwert von insgesamt 100.000 Euro auf dem Papier.  

Für ihre Abmahnung hatte Gaby Münchhalffen ebenfalls Medienanwalt Höcker beauftragt. Eine Unterlassungserklärung hat er dafür nicht mehr gefordert. Denn auch in diesem Fall haben ihm die Richter auf die Finger gehauen. Wie ich vom Landgericht Köln auf Anfrage erfahren habe, hatte Gaby Münchhalffen im März auch eine Einstweilige Verfügung gegen mich beantragt – zeitgleich mit Norbert Gatzweiler. Den Antrag zog Anwalt Höcker aber wenige Tage später zurück. Das Gericht hatte Bedenken.

Eines will ich an dieser Stelle auch erwähnen: Ich stehe in diesem nach meiner Ansicht unverhältnismäßig geführten Rechtsstreit nicht allein da. Der Deutsche Journalisten Verband DJV, bei dem ich Mitglied bin, hat mich in jeder Hinsicht unterstützt – rechtlich, finanziell und moralisch. Dafür danke ich dem Verband und dem mir zur Seite gestellten Medienrechtler Jörg Nabert.

 

Foto: Dani Parthum

7 Gedanken zu „Kölner Landgericht: “Einstweilige Verfügung” gegen mich war nicht notwendig.

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  • 5. Juni 2014 um 10:27
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    Liebe Frau Parthun,

    ich bewundere Ihren Mut und Ihr Durchstehvermögen. Chapeau!

    Viele Grüße aus dem Wendland

    Karl-Heinz List

    Antwort
  • 6. Juni 2014 um 06:31
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    Liebe Frau Parthun,

    Herzlichen Glückwunsch und auch von mir ein grosses Chapeau an Sie und Herrn Nabert!
    Ich finde, das ist eine schöne Leistung, dem Verfasser von “Lexikon der Internetfallen” und “Lexikon der Rechtsirrtümer” Ralf Höcker erfolgreich die Stirn zu bieten.
    Und ich finde es grossartig, wie damit gezeigt werden konnte, dass die lautesten Lampen im JuraLaden eben nicht zwangsläufig die Hellsten sein müssen.

    Antwort
  • 7. Juni 2014 um 14:10
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    Hi zusammen,

    ich bin gerade vom NDR-Zapp auf euch aufmerksam geworden und konnte mich nach Lektüre dieser wunderschönen Episode hier vor Lachen kaum halten.

    Kann man das kurz formuliert so zusammenfassen:

    Der Vertreter des Ex-Immobilienvorstandes der HSH Peter Rieck und Kölner “Star”-Anwalt, Prof. Norbert Gatzweiler:
    1.) beauftragt die Instanz in Sachen Reputationsschutz, Prof. Ralf Höcker – Magath- und Kachelmann Medienvertreter mit dem Ziel:
    2.) einen Blogeintrag eliminieren zu lassen, der dazu geeignet ist, das Vertrauen in Prof. Norbert Glatzweilers rechtsicheren Umgang mit Ermittlungsakten in einem ordentlichen Gerichtsverfahren schwer zu beschädigen
    3.) mit dem Ergebnis, dass der Blogeintrag nach wie vor besteht
    4.) mit dem Ergebnis, dass die Instanz in Sachen Reputationsschutz – Prof. Ralf Höcker – just beim Schützen von Garzweilers Reputation vor einem Landgericht scheitert
    5.) mit dem Ergebnis, das der reputationsgeschädigte und somit als rechtsunsicher titulierbare Prof. Norbert Gatzweiler für diese Idee Tausende Euro spendieren darf

    und last but not least: >Trommelwirbel<

    6.) das die ganze Sache mit nichts aber auch exakt NULL ausser Reputationsverlust verbunden ist?

    Angesichts dessen muss man sich als Auftraggeber ja wirklich Sorgen über das ROI seines Rechtsbeistandes machen.
    Aber darin waren ja die Beklagten ihren Berichten zufolge auch nicht eben Weltmeister. Ob eines das andere bedingt?…

    Und nun auch von mir herzlichen Glückwunsch und vielen lieben Dank, dass sie die schlaflosen Nächte ob der monetären Bedrohungslage auf sich genommen haben.

    PS: Soviel Popcorn auf einmal kann man gar nicht konsumieren.

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    • 8. Juni 2014 um 12:00
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      Wie Sie das so locker flockig exakt auf den Punkt bringen … :) Großartig.

      Antwort
  • 9. Juni 2014 um 10:32
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    @ Gregor Schmidtbauer:
    Ja das ist deprimierend:
    Ein Prof. Norbert Gatzweiler scheitert an Formalien und ein Reputationsschützer Prof. Ralf Höcker scheitert am Reputationsschutz. Schön zusammengefasst.
    Mein Gott. Fragt man sich, was da eigentlich so aus unseren Bildungssystemen droppt, wenn simple Elementarsachverhalte von angeblichen “Instanzen ihres Fachs” so dermassen fehleingeschätzt werden. Und sich die Beteiligten dann von Höcker auch noch zwecks Gesichtswahrung übel ins Gesicht lügen lassen müssen. Das ist ja schon fast mitleidserregend hilflos.
    Das Schönste ist ja, dass der Ralf Höcker selbst im Bildungswesen unterwegs ist. Aber keine Sorge. Es ist eine PrivatUni. Das passt schon.
    Gruss an die Studenten.

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