Staatsanwaltschaft kann Urteil nicht nachvollziehen – Revision.

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Die Staatsanwälte Fink und Wegerich

Die Staatsanwälte Karsten Wegerich und Maximilan Fink mussten offenbar nicht lange überlegen.

Nach den Freisprüchen des Landgerichts im Untreue-Prozess gegen die ehemalige Führung der HSH Nordbank will die Staatsanwaltschaft das Urteil vom Bundsgerichtshof überprüfen lassen. Die Behörde legte Revision ein.

Die Staatsanwälte widersprechen damit der Einschätzung der Richter, die Pflichtverletzungen der sechs Angeklagten sei nicht gravierend gewesen. “Diese Bewertung ist für uns nicht nachzuvollziehen”, sagte ein Sprecher.

Das Verfahren habe gezeigt, dass die Ex-Vorstände ihre Pflichten verletzt hätten. Deshalb komme es auf die rechtliche Bewertung der Verfehlungen an, heißt es aus der Behörde.    

Außerdem habe die Strafkammer bis kurz vor Schluss des Prozesses noch Beweise über die Höhe des Vermögensschadens erhoben. “Das wäre ja völlig unnötig gewesen, wenn sie die Anklage sowieso an der gravierenden Pflichtverletzung scheitern lassen wollte”, erläuterte die Anklagebehörde.

Diese Widersprüchlichkeiten hätten die Staatsanwaltschaft dazu bewogen, in Revision zu gehen.

 

9 Gedanken zu „Staatsanwaltschaft kann Urteil nicht nachvollziehen – Revision.

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  • 11. Juli 2014 um 13:23
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    Ich bin sehr gespannt, ob der BGH auch zu den Schlussfolgerungen zur Bilanzfälschung Stellung beziehen wird! So lapidar, wie das Hanseatische OLG hier entschieden hat, geht das wohl nicht. Wenn man nur auf die Bilanzsumme schaut, dann muss man in einer Bank schon viel unternehmen, um Bilanzfälschung zu betreiben. Richtig wäre ein Abstellen auf Ergebnis-Kennzahlen und “weiche” Elemente wie die “Kernbotschaft des Abschlusses”. Der Empfängerhorizont des Abschlussadressaten ist entscheidend!

    http://bilanzbetrug.org/2014/07/11/hsh-warum-sind-110-millionen-euro-nicht-genug/

    Vielen Dank, Frau Parthum für Ihre tolle Arbeit!!!

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    • 4. August 2014 um 14:29
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      Ich habe zu danken für Ihren äußerst interessanten Gedankengang samt Analyse. Hätte das Gericht auf die Kernbotschaft des Quartalsabschlusses der HSH 2008 abgestellt, in dem ein Gewinn statt eines Verlustes ausgewiesen wurde in stürmischen Zeiten, hätte sich ein Motiv für eine mögliche Bilanzfälschung geformt. Darauf aber ging das Gericht nicht ein. Lapidar ist in der Tat das richtige Wort für die – sagen wir – 2-3 Minuten, die Tully sich in der Urteilsbegründung für die Bilanzfälschung Zeit genommen hat. Ich gehe auch dem noch einmal nach.

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  • 12. Juli 2014 um 09:05
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    (1) Das Problem der gravierenden Pflichtverletzung
    Laut einem Kommentar zum StGB (Fischer) sollen auch der 1. und 3. StS des BGH inzwischen für Fälle der risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen nicht mehr wesentlich auf das Gewicht der Verstöße bzw. genauer: der eingetretenen Folgen abstellen. Dort heißt es u.a., es sei ausreichend für die Annahme einer Pflichtverletzung, wenn die äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit überschritten und damit eine Hauptpflicht gegenüber dem betreuten Unternehmen verletzt werde.
    Damit ist schon mal eine Anklage gegen “alle Angestellten, die mal eine falsche Entscheidung getroffen haben” ausgeschlossen: Nur wer die Unternehmensentscheidungen als Hauptpflicht in seinem (“Arbeits-“)Vertrag hat, kann durch falsche Unternehmens-(!)-Entscheidungen überhaupt strafrechtlich Untreue begehen. Die meisten Angestellten haben diese Entscheidungsbefugnis überhaupt nicht. Wer also mit Verallgemeinerungen auf alle Angestellte hier eine falsche Panikmache betreibt, der verkennt die Probleme des vorliegenden Falles.

    (2) Und die Urteilsbegründung …?
    Richtig ist, dass man wohl nicht (allein) nach dem “entstandenen Schaden” die Untreue beurteilen kann. Zwar muss ein Vermögensnachteil überhaupt eingetreten sein. Warum sollte sonst ein Strafverfahren begonnen werden? Doch der Eintritt eines Vermögensnachteils des Geschädigten muss rechtlich strikt von der Feststellung der Pflichtverletzung durch den Beschuldigten getrennt werden (so genanntes Verschleifungsverbot; Fischer zu § 266, Rz. 64).
    Doch was waren in diesem Fall die Pflichten der Beschuldigten? Was stand im Vertrag zwischen Geschädigtem (HSH-Nordbank) und Beschuldigten? Hier fehlen – (bislang !?) – die wohl entscheidenden Informationen und diesbezüglichen Entscheidungsgründe und Entscheidungen des Gerichts zur Strafbarkeit.

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  • 12. Juli 2014 um 19:40
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    Wird das Urteil eigentlich noch im Wortlaut veröffentlicht ?

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    • 15. Juli 2014 um 21:47
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      Nein leider nicht. Nur fuer wissenschaftliche Analysen werden wohl mal Ausnahmen gemacht. Die Nichteinsicht in Urteile wird mit dem Datenschutz begründet

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      • 16. Juli 2014 um 08:08
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        Keine Urteilsveröffentlichung wegen Datenschutz?
        Wieder mal muss der Datenschutz herhalten, um eine Veröffentlichung eines Urteils von allgemeinem Interesse zu verhindern. Hier mal ein paar praktische und rechtliche „Unstimmigkeiten“, die dadurch sichtbar werden:

        (1) Veröffentlichungspraxis in Hamburger Strafsachen
        Auf den Seiten der justiz.hamburg.de finden sich bei Rechtsprechung unter Strafrecht wohl aktuell etwas mehr als 100 Entscheidungen. Alle veröffentlicht „trotz Datenschutz“? Also mit Anonymisierung ist es wohl doch möglich und zulässig, strafrechtliche Urteile zu veröffentlichen. Oder gilt für besondere „Gäste“ der Hamburger Gerichte ein besonderes (Datenschutz-)Recht?
        Die nun bemühte Auslegung des Datenschutzrechts führt natürlich zur Frage, ob vorher in mehr als 100 Fällen durch Internet-Veröffentlichung von Urteilen gegen das HmbDSG verstoßen wurde. Und zwar durch die Hamburger Justiz. …

        (2) Wertungswidersprüche zu Gesetzen
        a) Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gilt nur für den Bund/ Bundesbehörden und das „Hamburger Transparenzgesetz“ von 2012 hat in § 5 Gerichte von der Verpflichtung zur Information ausgenommen. Ein unmittelbarer Informationsanspruch kann so also nicht erreicht werden.
        b) Nach § 5 Abs. 1 UrhG unterliegen aber gerichtliche Urteile nicht (!) dem Urheberrecht. Dies soll die öffentliche Diskussion und Kontrolle von Entscheidungen in richterlicher Unabhängigkeit ermöglichen. Ebenso die Diskussion in juristischen Fachkreisen. Der Datenschutz ist da wohl nicht geeignet, nun eine Praxis von Geheimurteilen zwischen Gericht und Beschuldigten herzuleiten.
        Wie oben gezeigt, wird und wurde in Hamburg ja in vielen Fällen anonymisiert in Strafsachen veröffentlicht. Dies soll ausgerechnet für dieses HSH-Verfahren nicht (mehr) gelten und nur hier der Datenschutz eingreifen … erscheint mir zumindest unverständlich.

        (3) Zum Schaden der Allgemeinheit
        a) Schützenswerte Rechte der Betroffenen?
        Dass die Beschuldigten die 6 HSH-Vorstände (Dirk Jens Nonnenmacher, Hans Berger, Joachim Friedrich, Peter Rieck, Hartmut Strauß, Bernhard Visker) waren, ist durch die Berichterstattung zahlreicher Medien hinreichend bekannt. Der Freispruch ebenso. Was wird also hier geschützt?
        b) Juristische Rechtsfortbildung zum „Untreue“-Tabestand
        Die Entscheidung wurde in juristischen Kreisen als maßgeblich für die Rechtsprechung zu Untreuetatbeständen von Bankvorständen erwartet. Wenn die Veröffentlichung aus Datenschutzgründen unterbleibt, kann eine fachlich-wissenschaftliche Beurteilung nicht erfolgen.
        c) Öffentliches Interesse an HSH-Vorgängen und Pressefreiheit
        Die Entscheidung zur Strafbarkeit in Bezug auf Omega55 ist in die Gesamtkrise der HSH-Nordbank eingebettet. Da es dort insgesamt um einen erheblichen Schaden und auch noch künftige Risiken geht, liegt ein besonderes öffentliches Interesse an der Entscheidung und seinen Gründen vor.
        Wenn die Auslegung des HmbDSG nun dazu führt, dass die Entscheidung des Landgerichts Hamburg nicht (mehr) veröffentlicht wird, dann muss man wohl die freie Presse und Berichterstattung beerdigen.

      • 4. August 2014 um 14:20
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        Lieber Rechtsanwender – vielleicht habe ich Sie auf die falsche Fährte geführt.
        Denn es kann doch sein, dass die Öffentlichkeit Einsicht in das Urteil erhält. Ich werde einen entsprechenden Antrag beim Landgericht stellen und dann sehe ich, was als Antwort kommt. Möglicherweise erhalte ich doch eine geschwärzte Fassung des Urteils, die ich veröffentlichen kann. Drücken Sie die Daumen! Es wäre jedenfalls im Sinne des Volkes.
        Und wenn ein Nein aus der Behörde kommt, aus Datenschutzgründen (wie ich das in Zusammenhang mit Banken bisher erlebt habe), dann haben Sie mir Argumentaionshilfen geliefert, um eine mögliche Ablehnung anzufechten.

  • 19. Juli 2014 um 05:50
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    Auf der Metaebene wäre es sehr drollig, wenn da das Urteil “im Namen des Volkes erfolgte”, das Volk aber leider leider als Urteilender sein eigenes Urteil nicht einsehen dürfte und sei das allgemeine Volksinteresse noch so gross, weil nunmal Partikalurinteressen geschützt werden müssen.

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