HSH-Milliarden-Stützung: Hamburger Staatsanwaltschaft zieht Gutachter zu Rate
Die Strafanzeige von Dr. Werner Marnette vom Dezember 2015 hat es in sich (Bericht hier). Auf 27 Seiten und diversen Anhängen wirft der Ex-Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein den HSH-Verantwortlichen der Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein – Tschentscher und Heinold -, HSH-Vorstandschef von Oesterreich und HSH-Aufsichtsratschef Mirow vor, sie hätten den Parlamenten wesentliche Informationen nicht gegeben, als diese eine erneute Stützung der HSH in Milliardenhöhe und einer drastischen Umstrukturierung der Bank zustimmen sollten.
Diesen Sachverhalt lässt die Hamburger Staatsanwaltschaft derzeit von ihren Wirtschaftsreferenten prüfen. Sie werden immer dann herangezogen, wenn die wirtschaftlichen Zusammenhänge einer Anzeige komplex seien und detaillierte Spezialkenntnisse erforderten, erklärte Nana Frombach, Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft mir gegenüber. Zu diesen Wirtschaftsreferenten gehören beispielsweise Steuerfahnder und Kaufleute.
Die Parlamente in Kiel und Hamburg hatten nacheinander Anfang Dezember 2015 hastig eine Kreditermächtigung in Höhe von 16,2 Milliarden Euro beschlossen, um Verluste der HSH bezahlen zu können. Sie entschieden zudem die Gründung einer Abwicklungseinheit, der hsh portfoliomanagement AöR, und die Aufspaltung der HSH Nordbank in eine Holding und eine “neue Bank” . Das Vorgehen der politischen Verantwortlichen führte zu der Strafanzeige. Marnette sieht den Verdacht der Untreue begründet.
Mangelhafte Beschlussvorlagen
Marnette bezieht seine Anzeige vor allem auf die Senatsvorlage zur Errichtung der „hsh porftoliomanagement AöR“. Die AöR soll die HSH um einen Bestand von faulen Schiffskrediten im Buchwert von mehr als 6 Milliarden Euro entlasten. Diese Vorlage ordnet Marnette als mangelhaft und unzureichend ein. Sie entspräche nicht den Anforderungen, die Vorlagen dieser finanziellen Tragweite für die Länderhaushalte haben müssten, so sein Fazit.
Abgeordnete des Kieler Landtags hatten selbst in der öffentlichen Debatte angeprangert, dass sie von den zuständigen Stellen nicht umfasssend informiert worden seien.
Keine Anhaltspunkte in Kiel
Die Kieler Staatsanwaltschaft hatte die Strafanzeige Marnetts am 11. Februar dieses Jahres zu den Akten gelegt. In dem betreffenden Schreiben heißt es: Man habe – Zitat:
“nach Prüfung von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß §152 Abs 2 StPO abgesehen, da der … zur Anzeige gebrachte Sachverhalt keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Straftaten aufweist.“
Vorwurf mit Substanz
Die Hamburger Staatsanwaltschaft geht also einen anderen Weg als Kiel. Sie lässt ihre Wirtschaftsfachleute die komplexen Beschlüsse der Hamburger Bürgerschaft und des Kieler Landtag inhaltlich prüfen um festzustellen, ob es tatsächlich einen Anfangsverdacht auf Pflichtverletzung und damit Untreue gibt. Ein Vorgang, der normal sei, sagt Sprecherin Frombach. Zuerst müssten die Staatsanwälte die Zusammenhänge verstehen, bevor sie sie rechtlich bewerten könnten.
Der Vorwurf Marnettes wegen möglicher Untreue ist folglich also doch nicht so rasch von der Hand zu weisen, wie es die Kieler getan haben.
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